Der Haubentaucher Vogel des Jahres 2001
Name und Verwandtschaft
Der Haubentaucher (Podiceps cristatus) gehört zur Familie der Lappentaucher (Podicipedidae) mit weltweit insgesamt 22 Arten. Die nächsten in Europa vorkommenden Verwandten des Haubentauchers sind Rothalstaucher, Schwarzhalstaucher, Ohrentaucher und als kleinste Art der Zwergtaucher.
Kennzeichen
Mit etwa 50 cm Körperlänge ist der Haubentaucher ungefähr so groß wie eine Stockente. Männchen und Weibchen sind gleich gefärbt mit weißem Gefieder an Hals und Bauchunterseite. Auffallendstes und namensgebendes Merkmal ist im Prachtkleid die rotbraun und schwarz gefärbte Federhaube. Auch das Rückengefieder ist rotbraun. Im Schlichtkleid (Winter) ist der Kopfschmuck stark reduziert, Kopf und Körper sind überwiegend braungrau. Jungvögel fallen in den ersten Lebensmonaten durch eine ausgeprägte Schwarz-Weiß-Streifung des Kopfes und des Rückengefieders auf, die im Herbst in das Schlichtkleid übergeht. Die Zehen des Wasservogels sind nicht mit Schwimmhäuten verbunden, sondern weisen an den drei Vorderzehen lappenartige Verbreiterungen auf. Federhaube und Zehenlappen sind für die überwiegende Zahl der etwa 45 deutschsprachigen Trivial- und Volksnamen des Haubentauchers verantwortlich, etwa "Haubensteißfuß", "gehörnter Taucher" oder "Straußtaucher".
Lautäußerungen
Im Frühjahr prägen die weit über das Wasser schallenden Balzrufe, die mit "kraorrr" oder "aorr" umschrieben werden, die Stimmung an unseren Seen. In Ufernähe ist bis in den Herbst hinein das bettelnde "vie, vie, vie" der Jungvögel zu hören. Ansonsten sind die Wasservögel jedoch wenig ruffreudig.
Nahrung
Als Unterwasserjäger erbeutet der Haubentaucher vor allem kleine Fische, aber auch Wasserinsekten und kleine Krebse; in Küstengewässern auch Garnelen. Die Jungvögel werden mit kleinen Jungfischen sowie mit Wasserinsekten gefüttert. Die Tauchzeiten schwanken saisonal und je nach Beuteangebot, im Mittel liegen sie bei etwa 30 Sekunden.
Lebensraum
Der Haubentaucher bevorzugt stehende und langsam fließende Gewässer von der Küste bis zu den Voralpenseen, auch künstliche Gewässer wie Talsperren, Bagger- oder Braunkohle-Restseen. Wichtigste Voraussetzungen für die Brut sind Ufer mit geeigneten Nistplätzen, vor allem Schilfgürtel, ausreichendes Nahrungsangebot an kleinen Fischen sowie geringe Wasserstandsschwankungen während der Brutzeit (oft limitierender Faktor an Talsperren). Während der Zugzeit, zur Mauser und im Winter findet man ihn auch auf Küstengewässern.
Fortpflanzung
Der Haubentaucher baut sein Nest aus Schilfhalmen, kleinen Ästen und Wasserpflanzen. Es wird entweder schwimmend im Schilfgürtel errichtet, oder auch in überflutetem Gebüsch verankert. Der Durchmesser beträgt 70 bis 80 cm. Die Nestmulde wird mit verrottetem Pflanzenmaterial ausgekleidet. Brutbeginn ist Anfang bis Mitte April, in warmen Frühjahren auch schon im März. Das Gelege besteht meist aus drei bis vier weißen Eiern, die bei Verlassen des Nests zur Tarnung mit Pflanzenmaterial bedeckt werden. Nach 25 bis 31 Tagen schlüpfen die Jungvögel. Sie können vom ersten Tag an schwimmen und tauchen, werden vor allem aber in den ersten drei Wochen zum Schutz vor Feinden (z.B. Hecht) im Rückengefieder von Vater und Mutter transportiert. Sechs Wochen lang werden sie intensiv gefüttert, danach jagen sie zunehmend selbständig, bleiben aber bis zum Abzug aus dem Brutgebiet im Familienverbund.
Verbreitung
Der Haubentaucher kommt in ganz Europa von den britischen Inseln über Südskandinavien bis nach Spanien, Nordafrika und Griechenland vor. Der größte Teil der Gesamtpopulation brütet in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Teile der Population erstrecken sich bis nach Ostasien; eine Unterart ist in Australien, Neuseeland und Tasmanien, eine andere in Südafrika heimisch.
Bestand
Weltweit existieren 370.000 bis 1,3 Millionen Paare. In Europa wird der Bestand auf 300.000 bis 400.000 Brutpaare geschätzt, davon leben 16.000 bis 26.000 Paare in Deutschland. Die Siedlungsdichte variiert zwischen wenigen Paaren auf Seen ab ca. 10 Hektar Größe bis zu kolonieartigem Bruten mit über 1.500 Paaren auf großen skandinavischen Seen und dem Ijsselmeer. In Nordeuropa wurden Werte zwischen 15 und 30 Paaren pro Quadratkilometer ermittelt.
Nach starker Verfolgung im 19. Jahrhundert ist seit Mitte des 20. Jahrhunderts eine deutliche Bestandserholung und Ausdehnung des Brutareals nach Norden zu beobachten. Der Haubentaucher profitiert von der Neuanlage von Gewässern sowie der Zunahme des Nahrungsangebotes an kleinen Fischen in nährstoffreichen Gewässern. Sein Bestand ist daher weitgehend konstant; regional wurden in einigen Bundesländern Bestandszunahmen, in anderen lokale Abnahmen registriert. In Österreich und Luxemburg steht er auf der Roten Liste, aber europa- und weltweit wird er nicht als gefährdet eingestuft.
Gefährdung
Zu den Faktoren, die zu lokalen Bestandsabnahmen führen, zählen:
• Störung brütender oder rastender Vögel durch Sportangler und Wassersportler (Surfer, Segler, Motorboote)
• verringertes Nahrungsangebot durch zu starke Gewässerbelastung
• Anreicherung von Pestiziden und anderen Umweltchemikalien in der Nahrung
• mögliche Einführung einer Jagdzeit, da die Art, wie der Graureiher und alle Entenvögel, immer noch dem Jagdrecht unterliegt
• illegale Verfolgung durch Angler und Fischer
• Angelhaken oder Fischernetze
Forderungen zum Schutz
Um den Haubentaucher als einen noch recht häufigen und regelmäßigen Brutvogel unserer Gewässer erhalten zu können, sind die o.g. Gefährdungsfaktoren zu begrenzen.
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